"Buy and Build“
ist im Technologiebereich Teil vieler Wachstumsstrategien. Dies ist dem Phänomen geschuldet, dass Geschwindigkeit und Skaleneffekte wichtig sind. Auf den Unternehmensergebnis kann die
Buy and Build-Strategie
erhebliche Auswirkungen haben.
Wenn die Geschäftsführung über die Strategie der nächsten Jahre entscheidet, ist dies im besten Interesse der Gesellschaft und ihrer Stakeholder. Die Stakeholder
sollten die Auswirkungen einer Wachstumsstrategie über Akquisitionen
im Technologiebereich verstehen. Am Beispiel der Softwareindustrie lässt sich der Einfluss von Buy and Build auf das Ergebnis gut aufzeigen. Schnell Zukunftsmärkte zu besetzen, wird durch hohe Marktanteile belohnt. Diese Geschwindigkeit ist über Akquisitionen vielfach einfacher erzeugen.
Unternehmensbewertungen bei Akquisitionen in der Softwareindustrie liegen nach einer aktuellen und englischsprachigen
Veröffentlichung von Ernst & Young
bei
12 bis 22 mal EBITDA
oder
2 bis 7 mal Umsatz. Diese Bewertungen sind auf den nordamerikanischen Markt ausgerichtet. In Europa mögen die Werte eher bei
7 bis 12 mal EBITDA
liegen.
EBITDA zu Umsatz als Kennzahl (
EBITDA Marge) steigt tendenziell mit dem Umsatz, da Software ein skalierendes Geschäftsmodell hat. So variieren EBITDA Margen bei guten Unternehmen zwischen 10 Prozent und 35 Prozent. Unternehmensgröße, das Marktsegment und vieles mehr spielen hier eine entscheidende Rolle. Der Durchschnitt der Softwareindustrie liegt bei 25,9 Prozent EBITDA Marge auf dem rollierenden 12-Monats-Durchschnitt gemäß einer Veröffentlichung von
CSI Market. Q1 2020 fällt leicht ab auf
22,6 Prozent EBITDA Marge.
Strategiediskussion in der Geschäftsführung
Unterstellen wir eine Wachstumsstrategie, die 50 Prozent Umsatzwachstum aus Akquisitionen (Buy and Build) einschließt. Die Konsequenz ist, dass du 2 bis 7 mal Umsatz für deine Akquisitionen bezahlst. Bei einer durchschnittlichen Unternehmensbewertung von 3 mal Umsatz wäre der Kaufpreis deiner Akquisitionen bei 150 Prozent deines aktuellen Umsatzes. In der Technologie- und Softwareindustrie erwirbt die Gesellschaft zum Großteil immaterielle Vermögenswerte
(zum Beispiel selbsterstellte Software). Dies können schnell 50 bis 70 Prozent des Kaufpreises
ergeben. Wenn die immateriellen Vermögensgegenstände über beispielsweise 5 Jahre abgeschrieben werden, dann entstehen hohe Abschreibungen aus der Buy and Build-Strategie, die das Unternehmensergebnis nachhaltig beeinflussen:
Fiktive Beispielrechnung:
- Der Umsatz wächst um 50 Prozent durch Akquisitionen.
- Die Kaufpreise liegen bei Umsatzfaktor 3.
- Immaterielle Vermögensgegenstände sind 60 Prozent der Kaufpreise.
- Abschreibungen erfolgen im Durchschnitt über 5 Jahre.
- Ergebnis:
150 Prozent (3*50 Prozent) Investitionen in Akquisitionen des aktuellen Umsatzes – 60 Prozent Immaterielle Vermögensgegenstände und 5 Jahre Abschreibungsdauer ergeben 18 Prozent Abschreibungen auf den aktuellen Umsatz der Gesellschaft oder 12 Prozent auf den neuen Umsatz nach Akquisitionen.
- Dein Unternehmensergebnis sinkt
ohne weitere Effekte um 12 Prozent des Umsatzes.
Die fiktive Rechnung variiert natürlich deutlich, da die Rechnungslegungsvorschriften, die Unternehmensbewertung, die
Purchase-Price-Allocation
und viele andere Faktoren Einfluss haben. Die Diskussion hat deshalb konzeptionellen Charakter.
Natürlich hat der um 50 Prozent durch Akquisitionen gesteigerte Umsatz im Idealfall auch Synergieeffekte gehoben, die das Ergebnis verbessern. Da Unternehmen mit einer Wachstumsstrategie auch auf organisches Wachstum setzen, steigen im Gegenzug Vertriebs- und Marketingausgaben überproportional
zur Umsetzung der Wachstumsstrategie.
Für die fiktive Rechnung nehmen wir an, dass ein Softwareunternehmen im mittelständigen Bereich vor und nach den Akquisitionen 20 Prozent EBITDA Marge hat. Das Unternehmensergebnis wird nun direkt bei gleicher EBITDA Marge
um die 12 Prozent Abschreibungen aus der Wachstumsstrategie belastet.
Eine aktive Buy and Build-Strategie im Technologie- und Softwarebereich kann das Unternehmensergebnis mehr als halbieren.
Dies ist solange kein Thema, wenn die Strategie auf Marktanteile und Unternehmensbewertung abzielt, da Unternehmen in der Softwareindustrie nach Umsatz- und EBITDA-Multiples und nicht nach Unternehmensergebnis bewertet werden, wo die starke Zunahme an Marktanteilen tendenziell zu einem Premium führt. Nur ein schneller Strategiewechsel zu einer Fokussierung auf das Ergebnis ist nicht möglich, da die Abschreibungen auf die Akquisitionen mittelfristig nachwirken. Die strategische Frage, die es zu beantworten gilt, soll die Wertgenerierung über die Unternehmensbewertung und Marktanteile oder die Optimierung des Unternehmensergebnisses erfolgen. Die Softwareindustrie belohnt in vielen Fällen die Hauptakteure mit Wachstumsfantasien in deinem Marktsegment
deutlich besser.