Die Wirtschaft steuert im Rahmen der Energiekrise, Inflation und des Ukrainekrieges auf eine Rezession zu. Die Krise mag erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen und Menschen haben.
Führen in der Krise
war in den letzten 15 Jahren ein kaum geforderter Skill, da Geld vorhanden war, die Märkte wuchsen und die Rahmenbedingungen stabil waren. Sind die Führungskräfte von heute auf Krisenmanagement gut vorbereitet? Wie wird
Resilienz
aufgebaut?
Geschwindigkeit
Es verändern sich einige Parameter, wenn in der Krise Führung gefordert ist. Dies hängt natürlich an der Schwere der Krise in der sich das Unternehmen befindet. Sind die (Geld-) Mittel begrenzt und die P&L dreht in eine Verlust- und negative Cashflow-Situation, ist Geschwindigkeit
von Führung ein entscheidender Faktor. Gleiches gilt z.B. bei Ransomware Angriffen.
Müssen fundamentale Entscheidungen
in hoher Geschwindigkeit getroffen werden, verkürzen sich Abstimmungsprozesse und partizipative Führung
mag nicht mehr möglich sein. Oberste Priorität haben schnelle Entscheidungen und eine unmittelbare Umsetzung, bevor eine Insolvenz zu einer neuen Situation oder zur Abwicklung des Unternehmens führt.
Weniger partizipative Führung bedarf einer anderen Kommunikation mit den Mitarbeitern und Führungsteams. Entscheidungen werden schneller gefällt und nicht jeder wird eingebunden, trotzdem ist eine unmittelbare Umsetzung wichtig. D.h. das ‚Buy in‘
des Teams muss über eine noch offenere und transparentere Kommunikation
über die Situation erreicht werden. Neben der klaren Problembeschreibung sowie der Dringlichkeit, muss der Aktionsplan erläutert werden, sodass das Gefühl entsteht: Wir sind in einer schweren Krise, aber wir haben einen Plan und unterstützen das Top Management. Ein ‚Warten wir mal ab‘ ist keine Option.
Unsicherheit
Für das Management heißt dies, dass man sich über Bedenken hinwegsetzt und den einen Plan umsetzt. Die Zeit für Diskussionen ist begrenzt. Dies gilt auch für die Informationsbeschaffung als Grundlage für gute Entscheidungen. Früher konnte nochmal ein Team mit der Analyse der Situation beauftragt werden. Dies ist in einer schweren Krise meist nicht möglich, sodass auf der Basis der vorliegenden Information
und Erfahrungen
entschieden werden muss. Die Unsicherheit auf der die Entscheidungen fallen, wird in der Krise höher sein.
Flexibilität
Damit geht einher, dass Entscheidungen falsch sein können oder in der Krise sich dynamisch die Situation verändert und die Entscheidungen nicht mehr zur Lage passen. Führung in der Krise bedeutet dann eben auch: offen zu sagen, dass Fehler passieren
können und zweitens die Situation regelmäßig überprüft werden muss , um eventuell Entscheidungen zu revidieren
oder neu auszurichten.
Für Führungskräfte bedeutet dies, sich mit Entscheidungen gegen größere Widerstände durchzusetzen, Diskussionen zu beenden und in die schnelle Umsetzung zu gehen. Die Unsicherheit aufgrund unvollständiger Informationen schwerwiegende Entscheidungen zu treffen, muss geübt sein. Trotzdem der ‚Mannschaft‘ offen den Plan zu erklären und zur Umsetzung zu motivieren, obwohl vielleicht harte Entscheidungen auch Einfluss auf die Mitarbeiter haben werden. Führungskräfte haben in vielen Belangen in den letzten 15 Jahren genau gegensätzlich geführt. Partizipative Führung, Einbinden und Überzeugung möglichst vieler Stakeholder ging vor Geschwindigkeit und der Kompromiss lag vor der Stringenz. Rücksicht auf alle Gruppen im Unternehmen ist wichtig, aber in einer Krisensituation nicht immer möglich.
Druck
Der Druck auf Top-Führungskräfte
nimmt erheblich zu, da die Widerstände größer werden und viele harte Entscheidungen zu erklären und rechtfertigen sind. Dies ist für positive partizipative Führung aus der Wachstumsphase ein Kulturschock. Einschnitte in den Leistungen anzukündigen, Mitarbeiter zu entlassen, Kündigungsgespräche zu führen oder Standorte zu schließen, wenn es für das Überleben des Unternehmens notwendig sein sollte, ist ungeübtes Terrain.
Dies kann schlaflose Nächte bereiten und neben den langen Arbeitstagen in der Krise den physischen und psychischen Druck weiter erhöhen. Ich habe gestandene Führungskräfte gesehen, die diesem Druck nicht standhalten können und in der Krise nicht die Führung ausüben können oder wollen, die in der Situation notwendig ist. Widerstandsfähigkeit oder Resilienz
wird ein wichtiger Skill. Die Fähigkeit unter großem Druck zu funktionieren, ist essenziell.
Resilienz, Erfahrung und Vorbereitung
Resilienz
kann verbessert werden. In der Krise wird der Druck niedriger, wenn die Führungskraft auf Krisensituationen vorbereitet
ist.
Vorbereitung kann über Simulationen
und Szenarien
erzielt werden. Sich mit den möglichen Krisenszenarien vorher auseinanderzusetzen und (Notfall-)Pläne oder Szenarien zu entwickeln, hilft. In der Krisensituation kann dann Erarbeitetes schnell abgerufen und muss nicht neu entwickelt werden. Sind einige Entscheidungen bereits gut vorbereitet, reduziert dies den Druck. Auch bei der Abwesenheit des finalen Entscheidungsträgers helfen diese Notfallpläne, da klar definiert ist, was zu tun ist ohne auf Entscheidungen von Gremien oder C-Levels zu warten. Kann Vordefiniertes oder Geübtes abgerufen werden, erhöht die Geschwindigkeit und reduziert Druck.
Krisenkommunikation
kann inhaltlich und als Fähigkeit vorbereitet werden, d.h. neben der Vorbereitung von Kommunikation zu verschiedenen Szenarien, können spezielle Medientrainings helfen, überzeugend und authentisch unter Druck in der Krise zu kommunizieren. Gute Kommunikation schafft Vertrauen und das hilft bei der Unterstützung der Umsetzung der Aktionspläne.
Weiterhin sind Erfahrungen
wichtig. In der Krise auf gemachte Erfahrungen zurückzugreifen ist wertvoll, da auch hier schnell abgerufen werden kann, was zu tun ist. Erfahrungen können über Krisensimulationen, Trainings
oder Coaching
erworben werden, wenn man keine Chance hatte, selbst schon große Krisen zu managen. Ein guter Coach oder Mentor, der aus überstandenen Krisensituationen Erfahrungen teilen kann, kann Führungskräfte in der Vorbereitung und der Krise unterstützen.
Letztlich ist auch Diversität
im Team ein guter Weg, sich die Erfahrung im Krisenmanagement zu holen. Erfahrende Führungskräfte zu haben, die bereits existenzielle Krisen erfolgreich gemanagt haben, sind ein echtes Asset in dieser Situation.
Führen in der schweren Krise ist anders als Führung in wachsenden Märkten; der Einsatz und die Auswirkung auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter können erheblich sein.
Führungskräfte
müssen sich im Angesicht der aktuellen geopolitischen Entwicklungen vorbereiten, damit sie sich persönlich und auch das Unternehmen darauf vorbereiten. Der Druck intern und extern steigt dramatisch in einer Krise und Fähigkeiten, wie Empathie, Kommunikation, Analytik, Entscheidungsfähigkeit und final die Resilienz
sind elementar für das Überstehen der Krise als Unternehmen und die persönliche Fähigkeit zu führen.